Christozentrisch

Das paulinische Evangelium (vgl. Gal 1,7) ist so zu verstehen, dass Christus als der Repräsentant Gottes der Dreh- und Angelpunkt für eine Heilsgeschichte ist, in der eine Ethik der Freiheit und der Glaube an die Dynamik des Erlöstseins leitend ist. Für wen Gott zum eigenen göttlichen „Ein und Alles“ geworden ist, bei dem ist der Mono-theismus und der Pan-theismus lebenspraktisch versöhnt. Gemeint sind ein inklusiver Monotheismus und ein offener Pantheismus.

Und zwischenmenschlich heißt das, dass in diesem Bewusstsein ein Anderer zu einem menschlichen „Ein und Alles“ werden kann, zu einem Ebenbild Gottes also. Denn in einem solchen spiegelt sich etwas von der universalen und einmaligen Liebe Gottes. Manchmal zerstören sich Menschen so, dass ihre Gottes-Ebenbildlichkeit, d.h. der Geist der Liebe in ihnen, kaum noch wahrnehmbar ist.

In Christus, dem schöpferischen Wort Gottes, das nach dem Glauben der Christen in Jesus von Nazareth inkarnierte, kommen Gottheit und Menschheit überein, ungetrennt und unvermischt, wie das Konzil von Chalzedon 451 n.Chr. formulierte.

Die Mitte des Kosmos

Wie die mittelalterlichen Fensterrosetten im Westwerk der gotischen Kathedralen die Einheit von schöpferischer E-volution und heimholender Re-volution zum Ausdruck brachten, so dass die bunte Mannigfaltigkeit der Welt in den Innenraum der Kirche hereinleuchten konnte, so könnte man heute mit der Vielfältigkeit der Religionen umgehen, die auf ihre Weise den Erdkreis zentrieren, in dessen Mitte explizit oder implizit das Herz des Kosmos präsent ist.

Im heliozentrischen Weltbild ist die Mitte des Kosmos jene Raute, die entsteht, wenn die Sonne oben und die Erde unten durch Linien mit den Planeten verbunden werden. Die Tiefe des Kosmos bleibt unsichtbar. Im Unterschied zu den kosmologisch orientieren Naturreligionen positioniert das Christentum in der Mitte der Mandorla den himmlischen Christus. Auf Erden erschienen, mit durchbohrter Rippe, bleibt er österlich verwandelt nach seiner kosmischen Himmelfahrt eschatologisch präsent.

Ein spiritueller Höhepunkt in der Offenbarung Jesu Christi an Johannes verdeutlicht sich in der geschaffenen Geistigkeit, die der Theologe auf Patmos erlebte. Er schreibt: „Ich sah einen anderen Engel am Zenit fliegen, der ein ewiges Evangelium an die Bewohner der Erde zu verkünden hatte, an alle Nationen und Stämme und Sprachen und Völker, und er sprach mit lauter Stimme: Habt Ehrfurcht vor Gott und gebt ihm Ehre, denn die Stunde seines Gerichtes ist gekommen. Betet an die Macht, die den Himmel und die Erde, das Meer und die Wasserquellen gemacht hat!“ (Offb 14, 6-7)

Das Gericht Gottes ist ein Heilsgericht. Das Heil besteht in der gnadenhaft geschenkten geistigen Heimat. Dies hat Auswirkungen auf Psyche und Physis. Was hat Zukunft, und was ist dem Untergang zu weihen? Welche Verheißungen beginnen in der Gegenwart? An der Schwelle der Zukunft.